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Madame Malevizia: Was wir alleine nicht schaffen

Aktualisiert: 12. März 2019


Meine Lieben.


In meiner Tätigkeit als Pflegehexe begegne ich immer wieder der Frage, warum Pflegende in Politik und Gesellschaft so wenig Einfluss haben. Höchst selten werden in der Öffentlichkeit Pflegefachpersonen zum Pflegenotstand oder zu anderen gesundheitspolitischen Herausforderungen angehört. «Weil wir keine Lobby haben», ist die häufigste Antwort auf diese Frage. Ich sehe das auch so. Pflegende hätten durchaus einiges zu sagen und es ist wichtig, dass Pflegende das Gesundheitswesen mitgestalten, da sie ein tragender Teil dessen sind. Deshalb sollten wir Pflegenden alles daran setzen, eine Lobby aufzubauen. Um dies zu erreichen, müssen wir einige Dinge tun und andere dringend lassen.


Lassen sollten wir, lieber gestern als heute und morgen, das Konkurrenzverhalten. Wenn jede von uns tritt, kratzt und beisst, um nach oben (wo und was auch immer dieses «oben» sein soll) zu kommen, gibt es schlussendlich nur Verlierer in Form von Schwerverletzten. Nichts blockiert uns Pflegende mehr, als dieses systematische, meist hinterhältige Messerstechen. Ich weiss, wovon ich rede, auch in meinem Rücken steckten einst Messer, die mir von Arbeitskolleginnen hineingerammt wurden. Es war und ist für mich schwierig, solche Menschen zu erkennen, ihnen nur meine Frontseite zu zeigen und wenn möglich Abstand zu halten. Für mich fühlt sich das an, wie das Schwimmen im Haifischbecken. Es kostet unglaublich viel Energie und Kraft, in diesem Becken den Kopf über Wasser zu halten. Um eine Lobby zu schaffen, ist dieses Haifischbecken der falsche Ort. Und so rufe ich alle Pflegenden auf, steigt aus diesem Gemetzel aus.


Eine Lobby entsteht vor allem durch eines: Vernetzen. Männer sind, das muss ich neidlos gestehen, in dieser Disziplin meisterhaft. Ein äusserst weites und tragfähiges Netz ist dabei offensichtlich das Militär. Männern bedeutet es etwas, einmal (es ist auch egal, ob es vor 20 Jahren war) zusammen «Dienst getan» zu haben. Sollen wir Pflegenden nun alle ins Militär? Nein, das meine ich natürlich nicht. Gerade an mir Pflegehexe hätten sie da keine Freude, ich hab’s nämlich nicht so mit Befehlen entgegennehmen… Und doch denke ich, dass es in unserer Pflegewelt eine Parallele gibt: auch wir «tun zusammen Dienst». Gerade in Institutionen sind wir als Teams unterwegs. Für mich ist Vernetzen auch eine Haltung, die wir im Team und in den Institutionen leben können. Es ist ein sich gegenseitiges Inspirieren, Ermutigen und Herausfordern. Vernetzen im Team ist für mich ein gemeinsamer Kaffee nach der Nachtwache, das Feierabendbier, der Gruss auf die Nachbarstation, die Teamanlässe, die gemeinsamen Pausen.


Ein weiterer Bereich, in dem wir uns vernetzen können, ist unsere Ausbildung. Wir alle sind einmal irgendwo in eine Pflegeberufsschule gegangen. Auch ich habe noch Kontakte von dieser Zeit (wenn auch lose, aber sie sind da). Es ist wahnsinnig spannend zu sehen, wie sich die Klassenkolleginnen und Klassenkollegen entwickelt haben. Bei dieser Gelegenheit, liebe Grüsse an die Exoten Kurs 104 (Ihr wisst schon, dass ich Euch meine). Ebenso ist es aber auch eine sehr gute Gelegenheit zu erfahren, was in anderen Bereichen der Pflege abgeht. Ich stelle dabei immer wieder fest, dass sich die Probleme ähneln. Und weil dies so ist, liegt darin so viel Potential, eine Lobby zu bilden. Noch effektiver wäre es, wenn die ganze Schule sich über die Ausbildung hinaus vernetzen würde. Genau das versucht das Berner Bildungszentrum Pflege (BZ Pflege) mit dem Verein Alumni zu erreichen. Bei eben diesem Verein durfte ich am 20. November ein kleines Referat zu meiner berufspolitischen Aktivität halten. Ich weiss, nicht alle haben gute Erinnerungen an die Ausbildungszeit. Und ganz ehrlich, auch ich habe mich mit leisem Schrecken an die unzähligen Gruppenarbeiten, Flipchartgestaltungen und Präsentationen erinnert. Der Vorstand ist jedoch mit Herzblut dabei und arbeitet unermüdlich daran, Alumni wachsen zu lassen. Aus meiner Sicht ist Alumni eine wunderbare Möglichkeit, sich zu vernetzen.